Anhörung Betriebsrat
§ 102 BetrVG
Anhörung ist auch dann erforderlich, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer weder einen allgemeinen noch einen besonderen Kündigungsschutz für sich beanspruchen kann.
Anhörung bevor die Kündigung ausgesprochen wird.
Keine Anhörung "auf Vorrat".
Empfangszuständigkeit: Der Vorsitzende des Betriebsrates oder im Falle seiner Verhinderung sein Stellvertreter, § 26 Abs. 3 BetrVG.
Mündlich oder schriftlich
Inhalt:
- Kündigungsgründe vollständig und substantiiert, Sachverhalt genau und umfassend
- Personalien des zu kündigenden Arbeitnehmers, Name, Lebensalter, Familienstand und Unterhaltspflichten, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Umstände für besonderen Kündigungsschutz, BAG 15.11.1995, NZA 1996, 419
- Kündigungsart
- Sämtliche Gründe, auf die der Arbeitgeber die Kündigung stützen will
Es ist dem Arbeitgeber verwehrt, Gründe nachzuschieben, die nicht Gegenstand der Betriebsratsanhörung waren.
Verfahren beim Betriebsrat:
Betriebsrat muss im Rahmen einer ordnungsgemäß einberufenen Sitzung über die beabsichtigte Kündigung beraten, er soll hier zu den betroffenen Arbeitnehmer anhören.
Mängel in der Willensbildung des Betriebsrates sind unerheblich, es sei denn, der Arbeitgeber hat den Mangel durch eigenes, unsachgemäßes Verhalten veranlasst hat.
Bedenken gegen außerordentliche Kündigung sind dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Tagen schriftlich mitzuteilen.
Bedenken gegen ordentliche Kündigung sind dem Arbeitgeber unter Angabe der Gründe spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen.
Widerspruch gem. § 102 Abs. 3 BetrVG innerhalb einer Woche.
Äußert sich der Betriebsrat nicht, gilt seine Zustimmung als erteilt.
Form - und fristgerechter Widerspruch des Betriebsrats nach § 102 Abs. 3 BetrVG führt zu dem Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 105 Abs. 5 BetrVG, wenn dieser nach Einreichung der Kündigungsschutzklage die Weiterbeschäftigung begehrt.
Der Arbeitgeber kann sich durch einstweilige Verfügung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 105 Abs. 5 Satz 2 BetrVG entbinden lassen.
Die ordnungsgemäße Durchführung der Betriebsratsanhörung gemäß § 102 BetrVG muss der Arbeit- geber im Kündigungsschutzprozess im vollem Umfang darlegen und beweisen (BAG AP BetrVG 1972, § 102, Nr. 2, 5).
Erst wenn der Arbeitgeber eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung im Detail schlüssig dargelegt hat, ist es im Rahmen der abgestuften Darlegungslast Sache des Arbeitnehmers, konkret zu beanstanden, in welchem Punkte er die Betriebsratsanhörung für fehlerhaft hält. Dabei ist auch ein völliges oder teilweises Bestreiten mit Nichtwissen wegen fehlender eigener Wahrnehmung möglich und zulässig, BAG 16.3.2000, EZA Nr. 179.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG muss der Arbeitgeber den Kündigungssachverhalt so genau umschreiben, dass der Betriebsrat ohne eigene Nachforschungen in die Lage versetzte wird, die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu überprüfen (BAG 17.02.2000-2 AZR 913/98, NZA 2000, 761; 05.12.02-2 AZR 697/01, NZA 03, 849), andernfalls ist die Kündigung unwirksam.
Dem Betriebsrat müssen die näheren Sachumstände mitgeteilt werden. Dem Arbeitgeber ist es im Prozess verwehrt, solche Umstände zur Begründung der Kündigung heranzuziehen, die nicht Gegenstand der Betriebsratsanhörung waren (BAG 22.09.1994-2 AZR 31/94, NZA 95, 363; 27.09.01-2 AZR 236/00, NZA 02, 750).
Eine bewusst irreführende Sachverhaltsschilderung, z.B. durch Verschweigen wesentlicher Umstände, führt zur Unwirksamkeit der Betriebsratsanhörung und hat die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge (BAG 09.03.1995-2 AZR 461/94, NZA 95, 678). Für die nicht bewusste Irreführung ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig (BAG 22.09.94-2 AZR 31/94, NZA 95, 363).
Kündigt der Arbeitgeber ohne dem Betriebsrat ordnungsgemäß anzuhören, so ist die Kündigung nichtig (§§ 102 I 2 BetrVG, 134 BGB; BAG AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 2).