Dr. Axel Hilller - Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht im Frankfurt am Main
Arbeitsrecht A-Z

Diskriminierung wegen des Geschlechts

Geschlechtsneutrale Stellenausschreibungen werden bereits von § 611b BGB vorgeschrieben. Wie § 611b BGB verlangt auch § 7 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 S. 2 AGG Ausschreibungen, die sich in ihrer gesamten Ausdrucksweise sowohl an Männer als auch an Frauen richten.

Bedient sich der Arbeitgeber zur Stellenausschreibung eines Dritten, ist er verpflichtet, die Ordnungsmäßigkeit der Ausschreibung zu überwachen. Ein Verstoß des Dritten gegen § 7 Abs. 1 AGG ist dem Arbeitgeber regelmäßig zuzurechnen (BAG 5.2.2004 ? 8 AZR 112/03, NZA 2004, 540).

Ebenfalls noch zu §§ 611a, 611 b BGB hat das Bundesverfassungsgericht die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers bestätigt und auf die Bedeutung des Schutzzwecks des Artikels 3 Abs. 2 GG bei der Normauslegung hingewiesen (BVerfG 21.9.2006 - 1 BvR 308/03, NZA 2007, 195).

Die Ablehnung der Bewerbung einer weiblichen Bewerberin verstößt gegen das Verbot der Geschlechtsdiskriminierung des § 7 Abs. 1 AGG in Verbindung mit § 1 AGG, wenn sich die Stellenanzeige nur an männliche Bewerber richtet.

Eine Benachteiligung ist auch darin zu sehen, wenn die Bewerbung abgelehnt wird ohne die Bewerberin vorher zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen.

Die nicht geschlechtsneutrale Stellenausschreibung ist ein hinreichendes Indiz dafür, dass eine weibliche Bewerberin aufgrund ihres Geschlechts nicht eingestellt wurde.

§ 22 AGG modifiziert die Beweislast: Die Bewerberin muss lediglich den Vollbeweis für die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßende Stellenausschreibung erbringen.

Es ist dann Sache des Arbeitgebers darzulegen und zu beweisen, dass die Benachteiligungs- gründe bei der Stellenbesetzung keine Rolle gespielt haben.

Rechtsfolge einer diskriminierenden Stellenausschreibung ist gemäß § 15 AGG die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung von Schadensersatz sowie einer Entschädigung (immaterieller Schaden).

Der Entschädigungsanspruch setzt weder ein Verschulden des Arbeitgebers voraus noch bedarf es der gesonderten Feststellung des Eintritts eines immateriellen Schadens. Dem Gericht wird ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Höhe der Entschädigung eingeräumt, um bei der Prüfung der Angemessenheit der Entschädigung die Besonderheiten jedes einzelnen Falles angemessen berücksichtigen zu können.

Nach § 15 Abs. 2 S. 2 AGG darf die Entschädigung bei einer Nichteinstellung 3 Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreie Auswahl nicht eingestellt worden wäre. In diesem Fall ist vom Tatsachenrichter zunächst die Höhe einer angemessenen und der Höhe nach nicht begrenzten Entschädigung zu ermitteln und diese dann, wenn sie 3 Monatsentgelte übersteigen sollte, zu kappen.

§ 15 Abs. 1 AGG begründet einen Anspruch auf Ersatz des durch die verbotenen Benachteiligungen entstandenen materiellen Schadens. Für den Umfang des Schadensersatzes gelten die §§ 249 ff. BGB, wobei allerdings § 15 Abs. 6 AGG in den dort genannten Fällen eine Naturalrestitution nach § 249 Abs. 1 BGB ausschließt. Nach § 252 BGB umfasst der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn, also das entgangene Arbeitsentgelt.

Grundsätzlich trägt die Bewerberin im Rahmen des §§ 15 Abs. 1 AGG die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen. Hiernach hat eine Bewerberin, die einen Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG geltend macht, u.a. darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass ein Schaden bei ihr eingetreten ist und dieser kausal auf die Benachteiligungshandlung zurückzuführen ist (BAG, 19.8.2010, 8 AZR 530/09, EzA § 15 AGG Nr. 10).

Insbesondere für den Umstand, dass eine Bewerberin die Stelle ohne die unzulässige Benachteiligung tatsächlich erhalten hätte, also für die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der Benachteiligung und dem entstandenen Schaden, ist nach den allgemeinen Beweislastregeln die Bewerberin darlegungs- und beweispflichtig.

Die Bewerberin muss darlegen und beweisen, dass sie als die am besten geeignete Bewerberin bei diskriminierungsfreier Auswahl die Stelle erhalten hätte (BAG, a.a.O).

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